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Können sie nicht aufpassen?


Ich stehe am Geldautomaten. Eine Frau geht mit schnellen Schritten, vollgepackt mit Papieren und einer Tasche den Gang entlang. Sie wirkt auf mich geschäftig und gestresst. Mit einer Hand hangelt sie nach ihrem Handy, pustet sich die Haare aus dem Gesicht und liest etwas auf dem Telefon.
Die Tür öffnet sich automatisch und eine andere Frau betritt die Bankfiliale. Die geschäftige Frau sieht das leider nicht und läuft direkt in sie hinein. Die Tasche rutscht ihr von der Schulter, eine Mappe fällt auf den Boden.
„Können sie nicht aufpassen? Ich kann doch nicht um die Ecke schauen!“

Wer jetzt meint, dass die zweite Frau das gefragt hat, der irrt. Schade. Um die Ecke schauen kann halt keiner. Auch schade.

Warum fällt sich rechtfertigen vielen leichter als sich zu entschuldigen?

Oh Mensch, hab ich nicht aufgepasst. Tut mir leid. - Sache erledigt. Und ja, das ist wirklich in den allermeisten Fällen dann einfach okay.

Wie so oft rührt diese Verteidigungskiste daher, was wir für Erfahrungen gemacht haben und auch wie wir erzogen wurden. War es ein „wie sagt man da jetzt?“ oder ein Vorleben und Miterleben wie man ein gutes Miteinander lebt. Noch dazu ist es nie so schön sich einzugestehen, dass man selbst einen Fehler gemacht hat.

Und wenn du jetzt weißt, dass du eher du den Schnellverteidigern gehörst und überlegst, ob man dir zu oft als Kind passende Worte vorgesagt hat oder du einfach impulsiv bist … man kann immer die Segel anders setzen.

Es braucht kein Geschenk, keine riesigen Erklärungen. Manchmal braucht es nur Einsicht, den Mut etwas zuzugeben oder eine Entschuldigung.

Entschuldigen - das ist Loslassen und Last von den Schultern nehmen, öffnet eine andere Ebene und fühlt sich ganz anders an als ein: Ich kann doch nicht um die Ecke schauen!