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Die bestmögliche Zeit



Ich spiele so, wie ich fühle - ja, ich zeige mein Herz.
Alles andere wäre nicht authentisch.
(Lang Lang)

 

Meine allererste Yogastunde, die ich nicht in einem Wohnzimmer mit Bekannten, sondern mit zahlenden Menschen in einem echten Studio unterrichtet habe, ist nun schon ein paar Jahre her. Ich hatte mir einen mehrseitigen Stundenablauf geschrieben, der jedes noch so kleine Detail beinhaltete. Welcher Arm genau wohin geht und wann die Atmung wie sein sollte. Davor hatte ich die ganze Stunde Zuhause mehrmals in Echtzeit abgeturnt, dazu gesprochen und wahnsinnig viel Zeit damit investiert die Musik genau auf die Praxis abzustimmen.

Ich werde das nie vergessen wie ich mich ganz genau an die Worte auf diesem Papier geklammert habe, die Reihenfolge nicht vertauschen wollte (obwohl natürlich keiner wusste, was auf diesem Zettel stand). Ich war absolut mit mir beschäftigt, mit meinem Plan der Stunde. Der Raum war gut gefüllt mit Teilnehmern, aber ich habe keinen gesehen während der Stunde. Dafür hatte ich keinen Blick.

Heute unterrichte ich ganz anders. Stundenbilder erstellen geht viel schneller als früher. Durch vieles Unterrichten, aber vor allem durch viel eigene Praxis kommt man mehr und mehr ins Spüren der Haltungen nur beim darüber Nachdenken. Und so kann man irgendwann auch Stunden unterrichten ohne selbst den Dauervorturner auf der Matte zu geben. Da ist dann Raum um die Teilnehmer wahrzunehmen. Sie in ihren Bewegungen zu sehen, zu unterstützen und da zu sein.
Nicht nur einmal habe ich schon während der Stunde meinen Plan über den Haufen geworfen und einen anderen Schwerpunkt gesetzt, die Intensität geändert oder andere Varianten angeboten. Weil es nicht darum geht, dass ich 60 Minuten eine tolle Praxis für mich habe, sondern weil ich den Leuten im Raum die bestmögliche Zeit schaffen möchte.

Aber eins ist seit meiner ersten Stunde geblieben: ich hab schon immer mein ganzes Herz und meine Erfahrung in jede Stunde gesteckt. Alles, was ich zu diesem Zeitpunkt meines Lebens geben konnte. - Alles andere wäre nicht authentisch.